02/07/2024 0 Kommentare
Trauer und große Freude
Trauer und große Freude
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Trauer und große Freude
Die Glocken der Jona-Kirche läuten ab Juli in Brandenburg

Ungewöhnliches spielte sich am 12. April in der Roscherstaße ab, die nördlich des Lehniner Platzes liegt. Vom Turm der früheren Jona-Kirche hievte ein Kran drei Glocken in die Tiefe. Geschwiegen hatten sie schon länger. Denn vor sieben Jahren fusionierten Jona- und Hochmeistergemeinde zur „Ev. Kirchengemeinde HALENSEE“. Das Jona-Gemeindezentrum wurde in Erbpacht dem Masorti-Verein übergeben, der dort eine jüdische Grundschule eingerichtet hat. Und damit hatten die Glocken ausgedient. Vor 1933 rief nur in einer einzigen Synagoge in Deutschland, im oberschwäbischen Städtchen Buchau, eine Glocke zum Gottesdienst,
Ungewöhnlich war bei der Glockenaushebung in der Roscherstraße auch, dass mit Ulrich Hollop der erste Pfarrer der Jona-Gemeinde anwesend war und mit Jutta Schreur die letzte Jona-Pfarrerin, außerdem die langjährige Kirchwartin Marianne Langhoff und der letzte Vorsitzende des Gemeindekirchenrates (GKR) Pfarrer Jürgen Wandel.

Ulrich Hollop trat 1967 die Pfarrstelle in der neu geschaffenen Jona-Gemeinde an. Sie war aus der „Ev. Kirchengemeinde Am Lietzensee“ ausgegliedert worden, weil die Bevölkerung und die Zahl der Protestanten zwischen Kurfürstendamm und Stadtbahn zunahmen. Der Jona-GKR fuhr nach Gescher im Münsterland, wo die drei Glocken in der Gießerei Petit und Edelbrock gegossen wurden. So konnten die Berliner erleben, was Friedrich Schiller in seinem Gedicht die Glocke beschrieb: „Fest gemauert in der Erden steht die Form, aus Lehm gebrannt.“ In Gescher bekam Pfarrer Hollop ein Glöckchen, das er zur Verabschiedung der Jona-Glocken mitbrachte. Lange Zeit hatten die Hollops mit ihr an Heiligabend die Bescherung ihrer Kinder eingeläutet.

„Da ist eine Epoche zu Ende gegangen“, meinte ein Mann, der in der Roscherstraße wohnt, aber nicht zur Gemeinde gehört. Und für die rund 25 ehemaligen Mitglieder der Jona-Gemeinde war die Aushebung der Glocken der schmerzliche Schlussakt einer langen Geschichte, die sie mit der Jona-Kirche verbindet. Dort besuchten sie den Sonntagsgottesdienst, erlebten die Taufe ihrer Kinder oder Kindeskinder und deren Konfirmationen.
Aber die Jona-Glocken werden nicht eingeschmolzen, sondern in der Kirchengemeinde Alt-Töplitz bei Werder an der Havel weiterläuten. Ihr GKR-Vorsitzender Dietmar Bleyl war gemeinsam mit Diplomingenieur Stefan Kulczak in die Roscherstraße gekommen, dessen Firma die Aushebung und den Abtransport der Glocken vornahm. Bleyl betonte in seinem Grußwort, dass in Alt-Töplitz das neue Geläut „große Vorfreude“ ausgelöst habe. Am 2. Juli soll es eingeweiht werden.

Bei der Abschiedsliturgie sprach Pfarrer Wandel das Gebet: „Gott unser Herr: Wir danken Dir für die Glocken, die wir gerade ausgehoben haben. Über vierzig Jahre hat ihr Klang Menschen daran erinnert, dass Du da bist und uns begegnen willst. Die Glocken haben zu Gottesdiensten in die Jona-Kirche gerufen, am Sonntagmorgen und bei Taufen, Konfirmationen und Trauungen. Ihr Geläut hat Glückliche in ihrer Freude bestärkt, Mutlosen Zuversicht geschenkt und Trauernde getröstet. So danken wir Dir, o Gott, für diese Glocken. Und wir bitten Dich: Lass sie auch an ihrem neuen Ort, in Alt-Töplitz segensreich wirken, Menschen berühren und an Deine heilsame Gegenwart erinnern. Amen.“
Jutta Schreur und Jürgen Wandel

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