Grundsteinlegung und Einweihung der Kirche am Hochmeisterplatz
Am Mittwoch, den 21. Oktober 1908, vormittags 10 Uhr, findet endlich die feierliche Grundsteinlegung der Kirche statt. Pfarrer Kriebitz hält eine Ansprache, der Kirchenälteste und Patronatsvertreter Geheimer Oberregierungsrat Dr. Dieckmann verliest die Urkunde und nimmt die Schließung des Grundsteins vor. Anschließend vollzieht Generalsuperintendent Faber die Weihe. Es folgen die traditionellen Hammerschläge verbunden mit Weihesprüchen durch den Präsidenten des Konsistoriums, den Präsidenten der Königlichen Regierung, den Polizeipräsidenten, den Vorsitzenden des Kirchbau-Vereins und einige weitere Honoratioren. Das Schlussgebet und den Segen spricht Superintendent Schaper. Die Veranstaltung endet mit einem Gemeindegesang.
Noch zum Zeitpunkt der Grundsteinweihe sind einige Fragen der zukünftigen Gestalt der Kirche heftig umstritten. Der Wunsch des damaligen Gemeindekirchenrats, die Kirche aus gewachsenem Stein zu bauen, wird vom Konsistorium aus Kostengründen verworfen. Umstritten ist auch noch die Konstruktion des Turms und die geplante Anzahl der Sitzplätze.
Aufgrund dieser und anderer Probleme verzögert sich die Fertigstellung der Kirche, die auf Ende 1909 geplant ist, um ein Jahr. Am Sonntag, den 11. September 1910 ist es endlich soweit: Die Kirche wird mit dem ersten Gottesdienst eingeweiht. Aus den Unterlagen und Zeitungsartikeln dieser Zeit geht hervor, dass es von verschiedenen Seiten kritische Stimmen sowohl über den Festakt selbst wie auch über die ungenügende Würdigung der Arbeit des Kirchbau-Vereins gab.
Das Grunewald-Echo veröffentlichte eine Woche später, am 18. September 1910, einen Artikel seines Halenseer Berichterstatters. Dieser schreibt, dass sich der Weiheakt des Generalsuperintendenten Faber in durchaus angemessener Form vollzogen habe. Über die Festpredigt des Geheimen Konsistorialrats Pfarrer Kriebitz und die weiteren Umstände der Einweihung fährt er fort:
„Herr Kriebitz brauchte nicht hervorzuheben, daß er ehemals Feldprediger gewesen sei, denn Ton und Temperament gingen weit über das Maß hinaus, das die verhältnismäßig kleine und recht harmonisch und intim wirkende Kirche aufzunehmen vermag. Zu einem mit wirklich künstlerischem Empfinden ausgestatteten Raum paßt das Heraufbeschwören von Blut und Leichen, wie es Herr Kriebitz aus seiner Erinnerung von den Schlachtfeldern vor 40 Jahren beliebte, durchaus nicht. Ebenso wenig konnte der Raum die Gewalt des ‚geistlichen Organs‘, das man fast einen Orkan nennen durfte, fassen, und Herr Kriebitz bezahlte seine Predigt mit dem Ruf der Akustik, die jedoch wirklich einwandfrei ist. Denn wie anders wirkte die Kanzelrede des sympathischen Halenseer Pfarrers, Herrn von Schierstedt, der mit deutlich vernehmbarer, aber gedämpfter Stimme predigte und bei seinem Nachmittags-Gottesdienst auf allen Plätzen ausgezeichnet verstanden wurde.
Aber auch sonst kann der gewissenhafte Chronist nicht umhin festzustellen, daß bei der Einweihungsfeier der taktischen Fehler mehr gemacht wurden, als gerade nötig gewesen wäre. Bei der der Weihefeier folgenden Festlichkeit im Frühstücksgewande toastete man zwar auf alle möglichen und unmöglichen Größen, die mit dem Bau und der Beschaffenheit der Kirche in Halensee in verzweifelt losem Zusammenhang standen, aber man gedachte mit keinem Worte jener Männer, durch deren zähe Ausdauer und arbeitsfrohe Treue am Werk der Bau der Kirche am Hochmeisterplatz erst ermöglicht, ja man kann sagen, erzwungen wurde,. denn diejenigen, denen man mit hochtönenden Worten den Ruhm der Förderung des Werkes nachlobte, waren zum allergrößten Teil zunächst Gegner der Erbauung einer Kirche im Ortsteil Halensee gewesen. Nur dem festen Zusammenschluß des Halenseer Kirchbau-Vereins, dessen Vorsitzender der Stadtverordnete Schulz - Halensee ist, hat der Erbauer des Gotteshauses es zu verdanken, daß er die Kirche überhaupt schaffen konnte und einen Kronenorden vierter Klasse erhielt. Weiter erregte es allgemeine Verwunderung, daß man mit keinem Worte des neu gebildeten und in kurzer Frist auf künstlerische Höhe gebrachten Kirchenchors gedachte, der soeben noch den Teilnehmern an der Feierlichkeit einen wirklich erlesenen Genuß mit seiner Kunst bereitet hatte.“ [8]
Zur Architektur und Einrichtung der „Kirche am Hochmeisterplatz“
Der Grundriss des Hauptschiffs ist sechseckig und der Form des 2443 m² großen dreieckigen Grundstücks angepasst. Das Hauptschiff hat einen Durchmesser von 20 m, die lichte Höhe bis zum Scheitel des Gewölbes beträgt ebenfalls 20 m.
Betritt man die Kirche, kommt man in den 75 m² großen Vorraum, der, laut Baubeschreibung von 1908, als Versammlungsraum dienen soll. Dieser Vorraum nimmt den Turmunterbau auf. Der Turm selbst hat eine Grundfläche von 8,5 m² und misst bis zur Spitze des Kreuzes 64,8 m. Die an der Eingangsseite liegenden Seiten sind durch Nischen erweitert, die weitere Sitzplätze aufnehmen. Auch auf der Empore befinden sich ausgebaute Seitennischen mit Sitzbänken.
Gegenüber dem Vorraum liegt die Altarapsis, an die sich nach hinten der kreisförmige Sakristeianbau anschließt. Insgesamt hat die Kirche eine bebaute Fläche von 726 m² und ungefähr 700 Sitzplätze.
In der Baubeschreibung für den Neubau der zweiten evangelischen Kirche zu Deutsch-Wilmersdorf lesen wir weitere Details zur Bauausführung:
„Die Innenflächen werden in Kalkmörtel mit wenigen Gesimsen und Gliederungen geputzt. Die Brüstungen der Emporen sollen in Sandstein ausgeführt werden. Wand- und Gewölbeflächen werden mit Wasserfarben getönt und mit Ornamenten geschmückt. Die Treppen zu den Emporen sollen freitragend von Granit hergestellt und mit schmiedeeisernem Geländer versehen werden.
Es ist ein Kellerraum zur Unterbringung der Kessel für die Dampfheizung und zur Lagerung des Feuerungsmaterials unter dem linksseitigen Ausbau des Hauptschiffes angeordnet. Durch eine Treppe steht der Keller mit der Vorhalle in Verbindung. Die Fußböden aller Räume werden aus Zementbeton gefertigt. Die Gänge und freien Flächen werden mit Fliesen belegt. Unter den Bänken wird auf dem Zementbeton Holzfußboden hergestellt.
Die Beleuchtung der Kirche geschieht durch Elektrizität. In der Mitte des Hauptschiffes soll ein Kronleuchter aufgehängt werden. Die Plätze unter den Emporen und die Emporen selbst sowie die Vorhalle werden mit Wand- und Deckenbeleuchtung versehen. Die Bänke im Erdgeschoss und auf den Emporen werden aus Kiefernholz angefertigt.
Im Erdgeschoß sollen die Seitenwangen der Bänke in Eiche ausgeführt werden. Die Kanzel, der Altar und das Taufbecken werden in Sandstein ausgeführt.“ [9]
Die Orgel, in eine Nische des Turms auf der Empore hineingebaut, stammt von der berühmten Orgelbaufirma Steinmeyer.
Die oben erwähnte Schmückung der Wand- und Gewölbeflächen mit Ornamenten sowie die Herstellung eines Altarbildes, das den zwölfjährigen Jesus im Tempel zeigt, wird von dem damals in Berlin recht bekannten Kirchenmaler Anton Schmitz ausgeführt. Schmitz, der in der Joachim-Friedrich-Straße in Halensee wohnhaft ist und eine der größten Berliner Malerfirmen besitzt, hat für seine Arbeiten in der Kirche am Hochmeisterplatz nur eine geringe Entlohnung verlangt. Aus einem Brief von Otto Schnock an Kriebitz geht hervor:
„Nach meinen Aufzeichnungen, die ich mir über die Anzahl der beschäftigten Leute etc. gemacht habe, beträgt der Wert der Arbeiten, die von Schmitz in der Kirche geleistet worden sind, mindestens 10.000 Mark, also 6.500 Mark mehr als er vertragsmäßig erhält.“ [10]
Die Baukosten belaufen sich nach Abschluss der Arbeiten auf 314.220.56 Mark, einschließlich der von Otto Schnock veranschlagten 19.000 Mark für die Bauleitung.
8. Grunewald-Echo vom 18. September 1910: Zur Architektur und Einrichtung der Kirche am Hochmeisterplatz.
9. Baubeschreibung für den Neubau der zweiten evangelischen Kirche zu Deutsch-Wilmersdorf, 1908, Archiv Auenkrche, Akte B IV.
10. Brief von Otto Sehstock an Pfarrer Kriebitz vom 13. Juli 1910, Archiv Auenkirche, Akte B IV.