Boten der Versöhnung

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Boten der Versöhnung

Im Gottesdienst am 3. September erhalten junge Leute einen Reisesegen

Mittlerweise ist es in der Halenseegemeinde Tradition, dass im Gottesdienst am ersten Septembersonntag vier junge Leute gesegnet werden, bevor sie Deutschland verlassen. Es sind Freiwillige der evangelischen „Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste“ (ASF) www.asf-ev.de.

Zuvor waren sie mit rund hundert Gleichaltrigen aus ganz Deutschland im brandenburgischen Hirschluch zusammengekommen. Dort bereiteten sie sich eine Woche lang auf ihre Arbeit in Ländern vor, die im Zweiten Weltkrieg von hitlerdeutschen Truppen besetzt waren, oder auf ihre Tätigkeit in jüdischen Einrichtungen anderer Länder.

Die Befreiung Europas vom Nazismus ist jetzt 78 Jahre her. Es leben nur noch wenige Menschen, die unmittelbar unter den Nazis gelitten haben. Aber viel größer ist die Zahl derer, die nie Großeltern oder andere Verwandten kennenlernten, weil sie ermordet wurden.

Die ASF-Freiwilligen arbeiten in Alters- und Pflegeheimen, Kindergärten, Gedenkstätten und auf Friedhöfen. Durch sie lernen Menschen Deutsche kennen, die anders sind als diejenigen, die sie erlebt hatten oder aus Erzählungen kennen. Gegründet wurde die Aktion Sühnezeichen 1958 von Lothar Kreyssig (1898-1986). 1934 stieß er in seiner sächsischen Heimat zur Bekennenden Kirche, dem Teil der evangelischen Kirche, der der Gleichschaltung durch den NS-Staat widerstand. Deswegen versetzten die Nazis Kreyssig in die Provinz, als Vormundschaftsrichter nach Brandenburg an der Havel. Und damit wurde er auch für geistig Behinderte verantwortlich. Im Sommer 1940 fiel dem Richter auf, dass viele von ihnen sofort starben, nachdem sie in andere Heime verlegt worden waren. Er wandte sich an Reichsjustizminister Franz Gürtner. Der deutete an, dass Behinderte im Rahmen der „Euthanasie“ getötet wurden. Damit habe Hitler den Leiter der Reichskanzlei Philipp Bouler beauftragt. Diesen zeigte Kreyssig wegen Mordes an. Er war der einzige Vormundschaftsrichter Deutschlands, der dies tat. Die Anzeige wurde natürlich nicht bearbeitet. Und erstaunlicherweise wurde Kreyssig nur in den Ruhestand versetzt. 1944 versteckten er und seine Frau eine Jüdin und retteten deren Leben.

Nach der Befreiung von der NS- Diktatur hätte sich Kreyssig selbstgefällig auf die Schulter klopfen können. Schließlich war er auf der richtigen Seite gestanden. Doch ausgerechnet Kreyssig zeigte angesichts der NS-Verbrechen und des Schweigens vieler Deutscher Demut. Das zeigt der von ihm angeregte Aufruf zur Gründung der Aktion Sühnezeichen: „Wir bitten die Völker, die Gewalt von uns erlitten haben, dass sie uns erlauben, mit unseren Händen und mit unseren Mitteln in ihrem Land etwas Gutes zu tun; ein Dorf, eine Siedlung, eine Kirche, ein Krankenhaus oder was sie sonst Gemeinnütziges wollen, als Versöhnungszeichen zu errichten. Lasst uns mit Polen, Russland und Israel beginnen, denen wir wohl am meisten wehgetan haben.“.

Seit 1959 entsendet Sühnezeichen jährlich über hundert junge Freiwillige ins Ausland. Finanziert wird ihr Einsatz zu vier Fünfteln aus Spenden und Zuwendungen der öffentlichen Hand und der Kirchen. Aber ein Fünftel wird von „Paten“ aufgebracht. Die Gottesdienstbesucher der Hochmeisterkirche werden am 3. September gebeten, für einen der jungen Leute eine „Patenschaft“ zu übernehmen, das heißt 15 Euro pro Monat an die Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste zu überweisen. Die Freiwilligen berichten den Patinnen und Paten regelmäßig von ihrer Arbeit. Aber zuvor, beim Kirchenkaffee, stellen sie sich den Fragen der Gottesdienstbesucher.

Jürgen Wandel

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