Dem Brexit zum Trotz

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# Neuigkeiten aus der Gemeinde

Dem Brexit zum Trotz

Auf dem Weg zu einer Partnerschaft mit St. John´s in London

Jürgen Wandel über die neue Partnerschaft unserer Gemeinde mit der Londoner Gemeinde St. John's.

St John's Hyde Park Church

Im vergangenen Jahr fuhren Mitglieder des Gemeindekirchenrates der Halenseegemeinde (auf eigene Kosten) nach London. Und den Sonntagsgottesdienst besuchten wir in der Kirche St. John´s Hyde Park (www.stjohns-hydepark.com). Sie liegt nördlich der berühmten Grünanlage, zwischen der U-Bahn-Station Lancaster Gate und dem Bahnhof Paddington.

Beim Kirchenkaffee kamen die beiden Pfarrer, die den Gottesdienst geleitet hatten, und Gottesdienstbesucher auf uns zu. Es entwickelten sich Gespräche über das Woher und Wohin. Die Liebenswürdigkeit der Leute und der Gottesdienst, der formvollendet war, nicht förmlich, beflügelten die Idee einer Gemeindepartnerschaft. Dabei spielte auch eine Rolle, dass zwischen unserer Landeskirche und der anglikanischen Diözese London schon eine Partnerschaft besteht. Zwischen Halensee und St. John´s gingen Mails hin und her, und schließlich beschlossen beide Gemeindekirchenräte, eine Partnerschaft einzugehen (siehe Hochmeisterzeitung 12/18-1/19).

St. John´s bezeichnet sich als inclusive und modern Catholic. Das heißt, wie wir akzeptiert die Gemeinde Pfarrerinnen und die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben. Aber sie pflegt eine katholische Liturgie: Pfarrerinnen und Pfarrer tragen Messgewänder in den Farben des Kirchenjahres und ziehen zum Beginn des Gottesdienstes begleitet von Ministrantinnen und Ministranten in die Kirche ein. Und jeden Sonntag wird das Abendmahl gefeiert, wie bei den römischen Katholiken Eucharistie (eucharist) genannt.

In der Reformationszeit wurde die Kirche von England vom Calvinismus beeinflusst. Doch in den Kathedralen wurden weiterhin prächtige Gottesdienste gefeiert. Aber der entscheidende Umschwung erfolgte im 19. Jahrhundert. Weil die Kirche von England geistlich darnieder lag, wollten Theologen, die in Oxford lehrten, sie erneuern – durch einen Rückgriff auf Theologien und Liturgien, die vor der Reformation – wirklich oder vermeintlich – üblich waren. So wurden nach und nach Abendmahlstische durch Altäre ersetzt und die Amtskleidung der Pfarrer, die aus schwarzer Soutane, weißem Chorhemd und schwarzem Predigerschal bestand, durch bunte Messgewänder.

St John's Hyde Park Church (Innenansicht)

Bis in die Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts feierten die meisten anglikanischen Gemeinden das Abendmahl (Holy Communion) am Sonntagmorgen um 8 Uhr, während der Hauptgottesdienst am späteren Vormittag stattfand. Aber mittlerweile ist das Abendmahl Bestandteil jedes Sonntagsgottesdienstes. Auch so hat die „anglokatholische“ Bewegung, die mitunter - historisch ungenau – High Church genannt wird, die Kirche von England geprägt. Aber vor einigen Jahren hat sie sich über der Frage gespalten, ob man Frauen zum Pfarr- und Bischofsamt zulässt.

Die Gemeinden Halensee und St. John´s  verbindet eine liberale Grundhaltung. Aber gleichzeitig kann man Fremdes und Befremdendes entdecken. Die Kirche von England ist gegenüber anderen Konfessionen sehr aufgeschlossen, geht aber davon aus, dass sie als established church für alle Getauften verantwortlich ist. Ja, anglikanische Pfarrinnen und Pfarrer sind von Gesetzes wegen für alle Leute zuständig, die im Bereich ihrer Gemeinde wohnen. Die Kirche von England kennt daher keine Mitgliederlisten und keine Kirchensteuer. Und den Gemeindekirchenrat (Parochial Church Council) darf nur wählen, wer sich in eine Wählerliste (electoral roll) eingetragen hat.

Anders als in Deutschland wurden die Kirchen Großbritanniens im 19. Jahrhundert nicht enteignet. Die Kirche von England finanziert sich durch die Erträge ihres Grund- und Bodenbesitzes und eines 9, 2 Milliarden starken Investmentfonds. Hinzu kommen Gottesdienstkollekten und Spenden. Aber unterm Strich verfügen englische Gemeinden über wesentlich weniger Geld, als deutsche. Und Geistliche verdienen im Durchschnitt 22.000 Euro im Jahr.

Wer sich in anderen Ländern umschaut, lernt das zu schätzen, was er bislang für selbstverständlich gehalten hat, auch die Kirchensteuer.

Jürgen Wandel

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