Ein Hingucker

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# Neuigkeiten aus der Gemeinde

Ein Hingucker

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Der neu gewählte Bischof Christian Stäblein ist überwältigt von dem großen Vertrauen 

Beifall brauste los. Jubelschreie. Von den Emporen schallte es herunter, wo zahlreiche Gäste sich eingefunden hatten darunter die Familie des Wahlsiegers. Gerade hatte Präses Sigrun Neuwerth das Ergebnis des zweiten Wahlgangs zur Bischofswahl verkündet: 13 Stimmen für Heidrun Dörken, 23 für Jochen Arnold, 76 Stimmen für Christian Stäblein. Der hatte schnell mitgerechnet und schlug vor Freude über die Zweidrittelmehrheit mit der Faust auf den Tisch, sprang auf und sah sich erleichtert um.

Klatschen, freudige Pfiffe, stürmisches Getrampel wurden lauter und lauter wollten nicht aufhören. Die Synodalen gerieten aus dem Häuschen. Die Fotografen knipsten. Die Kameras liefen. Erst da besann sich die Präses der Synode und stoppte die Brandung, fragte getreu der Geschäftsordnung: „Christian Stäblein nehmen Sie die Wahl an?“ Keine Frage, seit Monaten hatte er mit seinem Team im Evangelischen Zentrum darauf hingearbeitet, Interviews gegeben, Vorträge gehalten und die Spannung ausgehalten. Die Familie hatte alles mit durchgestanden, wie er hinterher sagte. Endlich war es soweit: Das Ja kam im vollen Brustton. Als erste gratulierten die neben ihm stehende unterlegene Mitbewerberin Heidrun Dörken und der Mitbewerber Jochen Arnold, gefolgt von Bischof Markus Dröge.

Der neue Bischof der EKBO heißt Christian Stäblein. Aber neu ist er nicht. Seit 2015 setzt er als Propst der EKBO wichtige Akzente. Reist durch die Sprengel, stellt sich bei kontroversen Themen den Diskussionen mit dem Kirchenvolk: etwa bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare oder beim Verständnis der Einladung zum Abendmahl.

Dass die Wahl schon nach dem zweiten Wahlgang entschieden war, überraschte Propst Stäblein wie viele andere, die mit vier oder fünf Wahlgängen gerechnet hatten. Nur die Pressekonferenz unterbrach die lang anhaltende Gratulationscour der Synodalen. „Ich bin überwältigt von dem Vertrauen und spüre einen riesigen Respekt vor dem, was kommt“, sagte er direkt nach der Wahl. Mit seinen Gaben wolle er sich gern den Herausforderungen für die Kirche im nächsten Jahrzehnt stellen.

Zufrieden zeigte sich Präses Sigrun Neuwerth über das neue Format der Sprechstunde, die zum ersten Mal bei einer Bischofswahl stattgefunden hatte. Die Kandidatin und die Kandidaten wurden insgesamt eine Stunde lang in drei nach Sprengeln gebildeten Gruppen einzeln befragt: „Es wurde von den Kandidaten geschätzt und von den Synodalen als ein gutes Format bezeichnet. Jeder konnte seine Fragen noch stellen, man hat offen miteinander geredet und sehr lebhaft diskutiert “.

 Pfarrer Alexander Höner sah das auch so: Die Kandidaten mussten sich beim Speed-Dating nochmal locker machen, die hatten kein Manuskript vorliegen und mussten spontan antworten. Und da sind die Gesichter nochmal ein bisschen deutlicher geworden.“ Am Ende hat Christian Stäblein überzeugt, der ein „Hingucker“ sein will „in der Welt und für die Welt“, der auch unangenehme Fragen angehen will und dafür steht, dass Kirche „Volkskirche mit allen für alle bleibt“.

 

Fragen an den neu gewählten Bischof

Herr Propst Stäblein, als die Wahl für Sie entschieden war, brauste Beifall los. Was ging Ihnen durch den Kopf?

Für einen Moment ist alles auf einmal: Da ist riesiger Respekt vor dem Amt, dazu Freude und vor allem Dank. Es ist ein Moment voller Dankbarkeit über so viel Vertrauen, über diesen ungeheuren Vertrauensvorschuss, den mir die Synodalen da entgegengebracht haben. All das vielleicht in diesem Moment. Und zugleich, keine Frage, auch Erleichterung, Staunen, dass es nun entschieden ist und sich so viele Menschen freuen. Über dieses Mitfreuen freue ich mich besonders.

Was unterscheidet das Bischofsamt vom Propstamt, außer dass Sie im November von der dritten in die vierte Etage ziehen?

Als Propst bin ich in vieler Hinsicht für theologische Grundsatzarbeit im Konsistorium da, auch für so etwas wie eine „theologische Brücke“ zwischen Gemeinden, Kirchenkreisen und dem Konsistorium. Das Verbindende steht für mich auch beim Bischofsamt im Vordergrund. Die so große und bezaubernde Vielfalt unserer EKBO zusammenzuhalten aber auch in die Zivilgesellschaft zu wirken und mit Politik und Wissenschaft ins Gespräch zu kommen: Das halte ich für wesentliche Aufgaben im Bischofsamt, das ganz anders als das Propstamt in der Öffentlichkeit steht und auch ein ganz anderes Profil hat. In der einen wie in der anderen Aufgabe ist mir eines besonders wichtig: Wir sind gemeinsam auf dem Weg, das gilt es im Auge zu behalten. Bischof sein bedeutet gewiss auch, immer wieder Impulse zu geben. Aber zu meinen, es ginge immerzu darum, vorne her zu laufen, wäre ein Irrtum. Ich will genau hingucken und hinhören. Für mich ist das eine schöne Übersetzung des alten Wortes Bischof: ein „Hingucker“, einer der hinguckt, der sorgt, fragt, mitnimmt, mit trägt …

Welche Highlights und Projekte stehen in den kommenden Monaten für Sie als Propst noch an? Worauf freuen Sie sich besonders?

Bis November bin ich Propst und es ist doch völlig klar, dass ich so lange meine Aufgaben als Propst auch sehr gern wahrnehme werde. Viele Vorhaben liegen mir einfach noch sehr am Herzen. Das wird sicher nicht alles fertig werden bis November. Da ist der Auftrag der Synode, miteinander landeskirchenweit darüber zu sprechen, wie zum Abendmahl eingeladen wird in unserer Kirche. Wir sortieren die vielen guten Rückmeldungen, die wir per Online-Umfrage bekommen und verbinden das mit den Voten, die wir bei unseren Konsultationen wahrgenommen haben. Zudem stehen wir mitten in Überlegungen zur Entwicklung der Gemeinden und zu Ideen, wie man „Dritte Orte“ als Orte von Spiritualität und Aufbruch unterstützen könnte. Ein besonderes „Highlight“ in diesem Jahr ist für mich das Vergegenwärtigen von 30 Jahre Friedliche Revolution. Viele Veranstaltungen und Foren wird es geben, darauf freue ich mich. Schließlich – das liegt mir besonders am Herzen: viele Gottesdienste und Predigten, das Zentrum unseres Glaubens, an dem ich als Propst und dann auch als Bischof immer wieder mitwirken darf. 

Sibylle Sterzik

Artikel erschienen in der evangelischen Wochenzeitung „dieKirche“, www.die-kirche.de

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