31/05/2024 0 Kommentare
Monatsspruch für Juni 2024
Monatsspruch für Juni 2024
# Neuigkeiten aus der Gemeinde

Monatsspruch für Juni 2024
Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen und schaut zu, wie der Herr euch heute rettet. 2. Mose 14,13
Fürchtet euch nicht! Diese großen Worte stehen viele Male in der Bibel, 124 Mal, hat jemand gezählt. Fürchtet euch nicht! Das ist tatsächlich ein großes Wort. Denn Furcht und Angst gehören zum Menschsein dazu und es gibt schließlich auch sehr viele Gründe, sich zu fürchten. Ich fürchte mich z.B. beim Blick auf die Weltkarte, der mir zeigt, an wie vielen Orten diktatorische Regime Macht haben, wie sich ihre Macht ausbreitet, ich fürchte mich, wenn ich wahrnehme, wie immer mehr Menschen Zuflucht in den Versprechen einfachster Lösungen großer Probleme suchen und Parteien wählen, die diese einfachen Lösungen versprechen. Krieg in Europa, Klimawandel, Zukunftssorgen…. Ich kenne viele Menschen, die sich fürchten. Auch im individuellen Leben: immer wieder Gründe, sich zu fürchten: Wie geht es weiter nach der schlimmen Diagnose? Gibt es noch eine gute Perspektive nach der bitteren Trennung? Reicht das Geld bis zum Monatsende? Komme ich jemals wieder heraus aus meiner Einsamkeit? Was kann ich tun, wenn ich das Gefühl habe, mir steht das Wasser bis zum Hals?
„Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen und schaut zu, wie der Herr euch heute rettet.“
Diese Worte spricht Mose zum Volk Israel, und zwar in einer ganz außerordentlich bedrohlichen Situation. Nach sehr langer Zeit der Versklavung der Israeliten in Ägypten hatte Mose dem Pharao die Erlaubnis abgerungen, das Land verlassen zu dürfen. Mit großer Freude und Hoffnung auf eine Zukunft in Freiheit hatten sie sich auf den Weg gemacht. Aber dann, während einer Rast am Schilfmeer, sehen sie plötzlich in der Ferne das riesige ägyptische Heer, das sie verfolgt und in die Sklaverei zurückholen will. Ihre Lage erscheint auf einmal vollkommen aussichtslos: hinter sich das waffenklirrende Heer, vor sich das Meer. In nur einem Augenblick verwandelt sich aller Aufbruchsmut in furchtbare, lähmende Angst. In diese Angst hinein spricht Mose, und dann erleben sie das Unvorstellbare: Mose erhebt seine Hand und Gott teilt vor ihnen die Wassermassen, so dass sie trockenen Fußes hindurchziehen können. Und dann schließt sich das Wasser wieder über der verfolgenden ägyptischen Streitmacht.
Gerettet, davon gekommen…. Der Weg nach vorn und ins Leben ist wieder möglich, es gibt neue Hoffnung.
Die Geschichte vom Durchzug der Israeliten durch das Schilfmeer mit der Ermutigung: „Fürchtet euch nicht!“ ist eine Hoffnungsgeschichte für Menschen in großer Angst.
Es ist wichtig, genau hinzuhören, was sie uns zu sagen hat, und was nicht.
Die Geschichte sagt NICHT: „Alles wird gut, hab keine Angst, am Ende überleben die Guten und die Bösen gehen unter. Wenn du nur genug betest und genug Vertrauen hast, werden göttliche Zaubermächte in dein Leben eingreifen, dann hebt einer die Hand und schnippt alle Besorgnisse und Gefahren für dich weg. Das Leben geht weiter, und zwar so, wie du es dir gewünscht hast.“
Schon sehr früh haben jüdische Theologen zu dieser Geschichte im Talmud, einer sehr alten Auslegung der heiligen Schriften, interpretierend erzählt, dass nach der Rettung der Israeliten durch das Schilfmeer die Engel im Himmel ein Loblied anstimmen wollten. Gott aber habe ihnen das verboten mit den Worten: „Wie wagt ihr es, aus Freude zu singen, wenn meine Geschöpfe sterben?“
Diese Interpretation der Geschichte rührt mich sehr, weil sie ermöglicht, die Ambivalenz dieser ganzen Situation zu sehen: (Die einen werden gerettet, die anderen sterben… und Gott trauert um den Tod seiner Geschöpfe!) Und dennoch zu fragen: „Und was darf ich denn nun für meine eigene Angst aus der Geschichte mitnehmen?“
„Bleibt stehen und schaut zu, ………. “
Das ist eine von mehreren Möglichkeiten, mit lähmender Angst umzugehen. Stehen bleiben und nicht weglaufen. Nicht sofort dem Fluchtimpuls folgen. Erst mal hinsehen, um welche Angst oder Furcht es sich genau handelt. Und auch: Hilfe und Rettung für möglich halten, sogar, wenn alles in uns panisch wird. Der Moment des Innehaltens, der uns vermeintlich langsamer macht, gibt uns in Wahrheit größeren Überblick.
„… wie der Herr euch heute rettet.“
Zum psychologisch sinnvollen Umgang mit Angst hinzu ist das nicht nur eine zusätzliche, sondern eher grundsätzliche Einladung:
Denn das sagt die Geschichte: Gott steht auf der Seite derer, die Angst haben, auf der Seite der Unterdrückten, Versklavten und Verfolgten. Und auch neben dir, wenn du voller Angst bist.
Gott ist bei dir, wenn du Angst hast und dich bedroht fühlst.
Nicht als der große Lebenszauberer, sondern als der, der mit dir mitgeht und dich mit Stärke und Kraft begleitet.
Jedes Mal, wenn wir in der Bibel lesen: „Fürchtet euch nicht!“, dann ist das eine Kurzfassung der Zusage Gottes: „Ich bin da.“ Ich bleibe bei dir. Ich mache es dir nicht leicht, aber ich bin da. Ich bin der Sinn in der Angst. Ich bin das Gesicht und die Hand, die du nicht erwartet hast. Die Melodie, die dich tröstet. Ich bin aber auch größer, als du glauben kannst oder willst. Vertrau mir. „Fürchte dich nicht. Bleib stehen und schau zu, wie ich dich heute rette.“
Cornelia Benus-Dreyer
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