14/01/2025 0 Kommentare
Pfarrer Joachim Christoph (1936-2025)
Pfarrer Joachim Christoph (1936-2025)
# Neuigkeiten aus der Gemeinde

Pfarrer Joachim Christoph (1936-2025)
In der Nacht vom 03. auf den 04. Januar 2025 ist Joachim Christoph gestorben. Von 1984 – 1995 war er Pfarrer der Hochmeister Gemeinde. In dieser Zeit hat er die Gemeinde gestaltet und ihr mit seiner klugen, gesellschaftlich engagierten und charmanten Persönlichkeit Gesicht und einladende Ausstrahlung gegeben, die bis heute unsere Gemeinde prägt.
Als junger Hilfsprediger, der mit 50% als Assistent an der FU arbeitete, wurde er in den 60ger Jahren vom Neuköllner Superintendenten Dittmann in einer für "tot" erklärten Gemeinde mit Aufbau und Leitung eines Gemeindeexperiments betraut. Das Gruppenpfarramt Martin-Luther-Neukölln war geboren: Eine studentenbewegte, anarchisch-fröhliche Gruppe von jungen Theologen, um die sich eine Psychologin, ein Dipl.-Ing., ein Diakon, Sozialarbeiter, Studenten, Gemeindejugendliche, Kita-Eltern und auch skeptische "Andere Dienstkräfte" versammelten; nicht zu vergessen den Kirchenmusiker und späteren Gründer der "Neuköllner Oper".
Später ging er als Pfarrer der Deutschsprachigen Gemeinde nach Hongkong und betreute von dort auch besuchsweise die Gemeinden der Philippinen und in Peking.
Nach dem Ende seiner Dienstzeit in Hongkong wurde er Pfarrer der Hochmeiste Gemeinde.

Die Gemeinde erlebte einen überzeugenden Prediger, einen frohen, glaubensvollen, theologisch glaubwürdigen Seelsorger. Einen Gestalter einer gastfreundlichen Gemeinde. Die Matjes-Essen + guten Gespräche waren legendär. Zu Gesprächen über Bücher lud er ein, weil er ein passionierter Leser und „Bücherfresser“ war, und weil er an die Macht und Gestaltungskraft guter Bücher und Gespräche glaubte.
Nach einer schweren Leitungskrise im Predigerseminar berief ihn die Landeskirche dort für eine Interimszeit zum Theologischen Leiter.
Persönliches und privates Engagement war ihm wichtig, aber nicht genug. „Erinnern, nicht vergessen“, - die tiefe und genaue Erinnerungskultur zum 09. November 1938 hat er zu einem Herzensanliegen unserer Gemeinde gestaltet. Bis heute haben wir diese Tradition. Jugendliche gestalten jedes Jahr eine Veranstaltung zu diesem Thema.
Unsere Kirche ist durch seine Initiative so gestaltet worden, wie wir sie heute erleben und nutzen können: ein moderner, schöner, multifunktionaler Raum, in dem Menschen sich zuhause fühlen, das Wort Gottes hören, sich inspiriert fühlen und gestärkt werden um in unsere Gesellschaft hinein zu wirken.

Nichts symbolisiert die Nachhaltigkeit und den Geist von Joachim Christophs Wirken in dieser Gemeinde eindrücklicher als die Steintafeln links und rechts vom Portal der Hochmeisterkirche sowie der Gedenkstein am Kirchgarten. Der von ihm initiierte und inhaltlich gestaltete Umbau der Kirche 1987/88 war nicht nur ein ästhetischer Renovierungsakt. Vielmehr sollten Um- und Neugestaltung einen Aufbruch der Kirche im Allgemeinen und unserer Kirche im Speziellen symbolisieren. Eine als bleiern empfundene Nachkriegszeit der Gemeinde sollte beendet werden und eine weltoffene und selbstkritische Gemeindezukunft beginnen. Folgerichtig wurde der alte Altar, der 1958 anlässlich der Wiedereröffnung der Hochmeisterkirche nach den Kriegszerstörungen errichtet wurde, aus der Kirche entfernt und durch einen leicht wirkenden aus Zedernholz ersetzt.
Aus der alten Altarplatte ließ Joachim Christoph den Bildhauer Günter Anlauf vier Tafeln schlagen. Er beschrieb sie in seinem Manuskript „Kunst in der Kirche“ so: „Außen vor der Kirche ist in die beiden Steintafeln links vom Eingangsportal das urchristliche Bekenntnis zu Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu Christi eingemeißelt. Auf der anderen Seite des Portals hängt die Hochmeistertafel: Die Gemeinde als Erbe der lutherischen Reformation. Die vierte Steintafel Anlaufs bezeugt als Grabplatte vor der Kirche die Verstrickung der Gemeinde in ihre jüngere Geschichte. Sie spricht die Reichspogromnacht 1938 an. Erinnern, nicht vergessen ist das Motto, unter dem die Gemeinde Geschichtsbewusstsein mit Hilfe der Kunst zu bewahren und zu entwickeln sucht.“
Wir behalten Joachim Christoph mit großer Dankbarkeit in unserer Erinnerung.
Timo Wolff, Cornelia Benus-Dreyer

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